Hoffen in der drohenden Klimakatastrophe
Der Einsatz für Klimagerechtigkeit fängt im eigenen Leben an. Greenfaith ist eine globale interreligiöse Graswurzelbewegung, die aus der gemeinsamen Hoffnung auf Klimagerechtigkeit eine Antwort auf den Schrei der Erde und der Armen gibt. (Red.)
Es war vor allem die Enzyklika, „Laudato-Si'”, die das Thema der Klimagerechtigkeit zu „meinem” Thema gemacht hat. Was ich bis dahin, – so viele andere Nachrichten – durchaus wahrgenommen habe, ohne dass es mich nachhaltig bewegt hätte, begann immer mehr Raum einzunehmen in meinem ehrenamtlichen Engagement. Heute bin ich Ansprechpartner eines Greenfaith Circles, der sich am Stadtkloster Karlsruhe konstituiert hat. Greenfaith ist eine globale interreligiöse Graswurzelbewegung für Klimagerechtigkeit. Menschen des Glaubens finden sich zusammen, um auf der Grundlage ihres jeweiligen Glaubens auf den „Schrei der Erde und der Armen” zu antworten. In unserer Gruppe haben wir uns, angeregt durch die Enzyklika, drei Aufgaben gesetzt:
- Für die und mit der Schöpfung zu beten
- Uns gegenseitig zu unterstützen, unseren individuellen Lebensstil an den planetaren Grenzen auszurichten
- Sich für Klimagerechtigkeit zu engagieren im Raum der Kirche und Gesellschaft- dazu gehört die Kooperation mit anderen Initiativen.
Wir engagieren uns, weil wir für die Armen vor allem im Globalen Süden hoffen, die am stärksten von den klimatischen Veränderungen betroffen sind; weil wir für unsere Kinder und Kindeskinder hoffen, dass auch diese noch eine lebenswerte Erde vorfinden, so wie wir sie vorgefunden haben. Die Aufgabe, vor der die Menschheit steht, ist gigantisch. Die Probleme sind seit langem bekannt, aber bis heute fehlt fast überall der Wille zum notwendigen „giant leap” (großen Sprung). Stattdessen begnügt man sich mit einem „too Little” (zu wenig), was – so die übereinstimmenden wissenschaftlichen Prognosen – ein „too late” (zu spät) zur Folge haben wird. Zu übermächtig erscheint die Aufgabe, weil es einen Systemwechsel verlangt weg von einem Herrschaftsschema, in dem Menschen und die belebte und unbelebte Natur ausbeuten, hin zu einem Wertschätzungsschema, in dem Menschen – so wie Albert Schweitzer es formuliert hat- sich verstehen als „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das Leben will“; weil es einen Systemwechsel erfordert weg von einer kapitalistischen, auf Gewinnmaximierung angelegten Wirtschaftsordnung, der wir im globalen Norden unseren Wohlstand verdanken, hin zu einer Donut-Ökonomie3, die sich an den planetaren und sozialen Grenzen und damit am globalen Gemeinwohl orientiert. Mutige multinationale politische Entscheidungen wären nötig und wir Menschen – vor allem wir im globalen Norden – müssten unseren Lebensstil ändern – und das nicht „too little”! Die Zeit drängt, weil schon zu viele Kipppunkte erreicht sind, die irreversible Veränderungen der stabilen klimatischen und ökologischen Verhältnisse bewirken, die das Leben, wie wir es kennen, erst ermöglichten. Welchen Sinn macht es, sich bei der Übermächtigkeit der Aufgabe zu engagieren, wenn noch dazu, selbst geringfügige, aber sinnvolle Maßnahmen, wie die Einführung eines Tempolimits, am Widerstand der Autolobby und einer Partei scheitern, die meint, sich dadurch als liberal profilieren zu können, oder wenn Ereignisse wie der Ukrainekrieg neue Prioritäten setzen, die die selbst gesetzten Klimaziele in Frage stellen und minimieren?